Heizen mit Wasserstoff: Was kann ich meinem Kunden dazu sagen?
Die langjährigen Bemühungen, unseren Kunden umweltfreundliche Heizsysteme anzubieten, sind Tagesgeschäft für uns SHK-Fachprofis. Dies insbesondere vor dem Hintergrund der rasant voranschreitenden Klimaänderung und der verstärkten Angst, nach dem Wegfall russischen Erdgases keine raschen Antworten auf eine geeignete Energieversorgung zu finden und vielleicht sogar im Kalten zu sitzen.
Ihr Team muss sich Gedanken machen, was Sie Ihren Kunden sagen, und dürfen nicht blind einseitigen Gedanken der Politik folgen, dass Heizungen und Warmwasserbereitung zukünftig ausschließlich nur noch mit Strom betrieben werden können. Denn wir stehen am Schluss eigenverantwortlich vor unseren Kunden und die wollen und sollten nicht enttäuscht werden. Fakt ist, dass der erforderliche Strom in der erforderlichen Größenordnung kurzfristig in den vor allem kritischen Bedarfszeiträumen nicht komplett mittels regenerativer Systeme zur Verfügung gestellt werden kann.
Statt die Republik mit einem unüberschaubarem Kabelnetz zu versehen, dessen Erstellung auch mittelfristig kaum finanzierbar und realisierbar sein wird, bestünde mit der Einspeisung eines umweltfreundlichen „Gases“ die Möglichkeit, das in Deutschland vorhandene und in dieser Form weltweit einzigartige intakte Gasnetz mit ca. 40.000 km Fernleitungen und ca. 555.000 km Verteilnetzen größtenteils weiter betreiben und nutzen zu können.
Wasserstoff als Chance
Es ist nämlich durch die fehlenden Kapazitäten kaum denkbar, dass in naher Zukunft unzählige Straßen aufgerissen werden können, um mit Elektroleitungen all die Häuser der gut 31 Millionen Menschen zu versorgen, die bislang Erdgas verwenden. Die damit verbundenen Kosten sind – unabhängig von den ebenso fehlenden Elektroleistungen – wohl kaum zu stemmen. Die Chance, eines der besten und sichersten Gasnetze der Welt weiterhin mit Wasserstoff betreiben zu können, ist daher genial. Die damit verbundenen Anstrengungen, genug Wasserstoff produzieren zu müssen, sind allerdings erheblich. Aber …
Was ist das eigentlich, Wasserstoff?
Wasserstoff ist eine Grundlage unseres Lebens und kommt in allen lebenden Organismen vor. Damit ist er nahezu unbegrenzt verfügbar. Als leichtestes Atom (14,5 Mal leichter als Luft) ist er jedoch leider überwiegend nur in chemischen Verbindungen wie Wasser, Säuren oder Kohlenwasserstoffen zu finden. Hier besteht die eigentliche Hürde: Um Wasserstoff herzustellen, ist zunächst einmal Energie aufzuwenden, um ihn nutzbar aus seiner Verbindung zu lösen.
Wasserstoff ist ein farb-, geruchs- und geschmackloser Stoff. 1 kg komprimierter Wasserstoff hat einen Energiegehalt von 33 kWh. Zum Vergleich: ein Liter Heizöl/Diesel hat einen Energiegehalt von 10 kWh.
Bei der Diskussion um den Einsatz von Wasserstoff wird zwischen grünem, blauem, grauem und auch türkisem Wasserstoff unterschieden. Tatsächlich hat dies nicht mit der eigentlichen Farbe von Wasserstoff zu tun. Der Unterschied liegt vielmehr in der Kennzeichnung des Stroms, der zur Herstellung des Wasserstoffs erforderlich ist.
Dieser Prozess, die Elektrolyse, zerlegt Wasser (H2O) in seine Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O). Geschieht dies bestenfalls mit Strom aus erneuerbaren Energien, nennt man das Produkt „grünen Wasserstoff“. Entsprechend dem zur Herstellung von Wasserstoff verwendeten mehr oder weniger grünem Strom leiten sich die verschiedenen Farbbezeichnungen ab.
Welche Bedeutung hat/kann Wasserstoff für das SHK-Handwerk haben?
Um in Deutschland die Klimaziele zu erreichen, muss möglichst rasch auf fossile Energien verzichtet werden. Das trifft natürlich auch die Heizungen und damit uns Installateure. Die Idee, so weit wie möglich Erdgas durch umweltfreundlichen Wasserstoff zu ersetzen, ist ein kluger Gedankenansatz. Wasserstoff ist gut im bestehenden Gasnetz transportierbar: In aufwändigen Untersuchungen wurde festgestellt, dass die verbauten Stahlrohrleitungen für den Transport von Wasserstoff grundsätzlich geeignet sind. Sowohl betriebsbedingte Alterung als auch die geforderte Bruchzähigkeit entsprechen den Erwartungen an eine Dekade überdauernde, sichere Verfügbarkeit.
Wasserstoff hat gegenüber Strom außerdem einen weiteren, oft zu wenig betrachteten Vorteil: Er kann gut gespeichert werden und stünde auch dann zur Verfügung, wenn regenerative Stromerzeugungssysteme nicht mehr liefern können. Dass diese trotzdem dringend von Nöten sind, ist klar. Der von ihnen produzierte überschüssige Strom, der vorrangig in den Sommermonaten durch Photovoltaik oder Windkraft anfällt, kann in Form grünen Wasserstoffes – insbesondere in dem vorhandenen gigantischen Gasnetz – gespeichert und genutzt werden.
Wird Wasserstoff zukünftig wie Erdgas eingesetzt, kann er somit die Stromnetze stabilisieren. In ein Stromnetz muss nämlich so viel eingespeist wie entnommen werden. Eine Energieversorgung, die überwiegend von Wind und Sonne abhängig ist und damit starke Ausschläge zeigt (Winter/Sommer sowie Tag/Nacht), braucht deshalb ein Gegengewicht, das sich gut steuern lässt. Der Einsatz von Wasserstoff ermöglicht so ebenfalls, Deutschlands Industrie sowie den Lkw-, Schiff- und Flugverkehr klimaschonend umzugestalten.
Vertragen unsere Gasgeräte auch Wasserstoff?
Ebenso wie die Gasgeräte auf das Erdgas (L oder H) eingestellt sein müssen, bedarf es geeigneter Technik und Einstellungen am Gerät für den Betrieb mit Wasserstoff. Die von uns verbauten modernen Gas-Brennwertgeräte sind mittlerweile H₂-ready, das heißt, sie können mit 20 bis 30 Prozent oder mehr Wasserstoff im Erdgas betrieben werden. Die Hersteller der Geräte können dazu bei Bedarf weitere Auskünfte geben, insbesondere wenn es um ältere Geräte geht. Unsere Kunden, die sich für einen H₂-ready-Gerät entscheiden, sind damit bestens auf die bevorstehende Entwicklung vorbereitet.
Wie schnell und mit welchen Anteilen die Netzbetreiber, sprich Stadtwerke und Energieversorger, ihre Gasnetze mit Wasserstoff betreiben, muss vor Ort mit dem jeweiligen Netzbetreiber geklärt werden. Bereits heute werden verschiedene Netze mit Wasserstoff betrieben – und das problemlos.